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L. B.! '(abbreviated for: Lieber Bruder! / Dear brother!)
Dein Brief vom 5. d.M. .... hat mich wenig erbaut. Das ist die alte Geschichte, die nicht aufhört. Seit seiner Promotion hat Siegmund genau soviel Geld verlangt und erhalten als vorher, trotzdem er doch Einkünfte hatte, in Brünn sogar mehr als 200 fl...
Bei mir steht es nunmehr fest, dass Siegmund nicht in Wucherhänden steckt, sondern dass er uneheliche Kinder haben musz. Du hast einen groszen Fehler begangen, dich übertölpeln zu lassen. Da ich dir hundertmal gesagt u. geschrieben habe, Siegmund keinen Kreuzer Geld zu geben oder zu borgen, ohne mich VORHER zu verständigen, so war es ein Unrecht von dir, ihn solche Summen vorzustrecken.
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Ich habe selbstverständlich Siegmund grade so wie dir mitgetheilt, dass er MICH zu verständigen habe, wenn er Geld braucht. Anstatt dessen hat er mich ohne jede Nachricht gelassen u. sich telegraphisch an dich gewandt und du bist ihm auf den Leim gegangen.
Ob er nicht auch bei Moritz gepumpt hat, kann man auch nicht wissen. Hättest du dich an meine Anordnungen gehalten, dann hätte ich prüfen können, ober das Geld braucht oder nicht, überhaupt was zu thun ist.
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Ich bin nicht dazu da, einen unehrlichen Menschen zu unterstützen, der sich nicht bessern will, nota bene bin ich mir zu gut, als dass ich seine unehelichen Kinder und seine Huren erhalte, zumal er nicht einmal den Muth hat einzugestehen, wozu er die Unsummen braucht. Wird er sehen, dass man Ernst macht, dann wird er sich mit seinen Huren entweder verständigen oder er wird sich eine Kugel in den Kopf jagen.
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Ruiniren lasse ich mich von einem unverbesserlichen Gauner nicht. So weit geht meine brüderliche Pflicht nicht. Ich habe nur Verpflichtungen ehrlichen Brüdern gegenüber ...
Dein Eduard'
Short description:
Eduard Glaser (1855-1908) criticises his elder brother Alois (1853-1931) for having advanced too much money to their younger brother Sigmund (1857-1913). As he totally disapproves of Sigmund's irresponsible dealing with money, he urges Alois to involve him in any financial matter concerning Sigmund ...
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