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'Excellenz!
Hochzuverehrender Herr Geheimrat!
Selbst auf die Gefahr hin, als lästig zu erscheinen, glaube ich als Österreicher die Pflicht zu haben, meinem ehrerbietigen Schreiben de dato München 23. Feber 1907 eine jetzt noch mögliche und für die hohe Regierung meiner unmaszgeblichen Ansicht nach wahrscheinlich wertvolle Ergänzung hinzuzufügen, eine Ergänzung die notwendig ist, wenn ich nicht will, dass Eure Excellenz durch meine kurze Information vom 23./II möglichenfalls zu einer unrichtigen Auffassung der Sachlage gelangen könnte.
Wenn ich nämlich am 23/II die ehrerbietigste Mitteilung machte, dass die italienischen Pläne mit Bezug auf den Jemen gescheitert seien ...., so trifft diese Information heute leider nicht mehr zu. Italien scheint im Gegenteil inzwischen - wenn auch vielleicht nur auf indirektem Wege - eine Art vom selben Erfolge erzielt zu haben, der auch in die internationale Politik hineinspielt und deshalb BESONDERS für die hohe k. und k. österr. ungar. Regierung nicht ohne Bedeutung ist...
Ich habe, als ich kürzlich (vom 29/I bis 15/II 1907) in Konstantinopel war, sowol in der hohen k. und k. Botschaft als auch, nach meiner Rückkehr, in Wien geschwiegen
1) weil ich absichtlich alles vermeiden wollte was wann auch nur den Schein hätte erwecken können, als stünde hinter mir die hohe k. und k. Regierung ...
2) weil damals kein greifbares Ergebnis vorlag, da ich in Konstantinopel nur Gelegenheit hatte, mancherlei anzuregen und mancherlei Hochinteressantes aus allersichersten Quellen zu hören. Ich zog also ... vor, zunächst die Entwicklung der Dinge abzuwarten. Heute kann ich reden, musz ich reden, wenn es die hohe Regierung wünscht (auch trotz des Osmanijjeordens III. Klasse*, der mir ebenso spät wie ostentativ verliehen worden ist - *den gleichen Grad des Medjidijje-Ordens besitze ich schon seit vielen Jahren).
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Ich beehre mich deshalb ergebenst zu betonen, dass ich diesmal nicht etwa eine Aktion zu meinen Gunsten erbitte oder erhoffe und dass ich auch durchaus nicht zu denjenigen gehöre, die darauf ausgehen, die hohen Behörden nur zu belästigen.
Ich bin im Verlauf von 27 Jahren - von der mehrmaligen Erwirkung der Erlaubnis zu wissenschaftlichen Forschungen im Jemen 1880-1894 und von einer im Jahr 1900 erfolgten Anfrage mit Bezug auf einen Eisenbahnbau abgesehen - mit keinem Anliegen, mit keiner Bitte oder dgl. an eines der hohen Ministerien oder an eine sonstige Behörde herangetreten, sondern trachtete stets, nach Tunlichkeit alle meine Angelegenheiten persönlich und ohne Inanspruchnahme der hohen Regierung oder der Behörde zu regeln.
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Um zeitraubende Korrespondenz und die Benutzung der ausländischen Post zu vermeiden, bin ich nach Wien gekommen und halte mich einige Tage zur geneigten Verfügung des hohen Ministeriums, zumal jetzt noch anzunehmen ist, dass man sowol in Rom wie auch in Konstantinopel ... und bei den anderen in Betracht kommenden Regierungen die Überzeugung haben dürfte, dass niemand, auch ich nicht, von den Vorgängen und besonders von dem Zusammenhang etwas ahne.
Ich betone noch ehrerbietigst, dass meine Absicht, Mitteilungen zu machen, selbst im Falle einer da oder dort etwa erfolgten Stellungnahme des hohen Ministeriums gegen mich, die ja nur eine Folge unrichtiger oder unvollständiger Nachrichten über meinen Aufenthalt in Konstantinopel sein könnte, nicht alterirt würde, denn die eigene hohe Regierung darf alles mich betreffende erfahren u.z. durch mich selbst, da ich nichts zu schönen brauche und nichts getan habe, was den österreichisch-ungarischen Interessen auch nur entfernt schaden könnte.
Genehmigen Sie, hochgeehrter Herr Geheimer Rat, den Ausdruck meiner ehrerbietigsten und vollkommenen Ergebenheit
Dr. Eduard Glaser'
Short description:
With reference to his mission in Constantinopel from January 29th to February 15th, 1907, Eduard Glaser (1855-1908) approaches a high official of the Imperial and Royal Foreign Ministry to inform him of his appraisal of relations between Italy and Turkey.
After outlining the reasons for the delay in addressing this issue, Glaser describes his professional history and experience in dealing with the Ottoman authorities, highlighting the award to him of the Medals of the Imperial Order of Osmanieh Third Class and the Order of the Medjidie Third Class.
Emphasising that far be it from him to burden the authorities unnecessarily with enquiries, he explains that he considers it his patriotic duty to pass on information from secure sources that he received during his stay in Constantinople, ...
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