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'Liebe Brüder Karl & Alois!
Eure Briefe vom 5/3 u. 7/3 erhielt ich nach meiner glücklichen Rückkehr aus Mârib in San'â.
Da ich Nachricht erhalten habe, dass Siegmund entgegen seinen Versicherungen das theoretische II. Rigorosum noch nicht bestanden hat, so wird es gut sein, wenn jemand von Euch nach Prag fährt u. ohne Siegmund zu fragen, ganz einfach in das medizinische Dekanat geht, um sich dort das Prüfungsprotokoll aufschlagen zu lassen.
Das ist öffentlich u. jedermann zugänglich. Da Siegmund wie es scheint, wieder zu lügen anfängt wie früher, so kann man leider keine Rücksicht nehmen. Fordert ihn erst brieflich auf, Euch die volle Wahrheit einzugestehen u. trachtet ihn dahin zu bringen, dass er selbst mit Euch in's Dekanat geht. Passet aber gut auf, damit er Euch nicht etwa das Prüfungsprotocoll eines anderen Glaser aufschlage. Hat er wirklich das II. Rig. noch nicht gemacht, oder ist er, was wahrscheinlich ist, durchgefallen, so macht ihm weiter keinen Vorwurf. Ermahnet ihn einfach zur Aufrichtigkeit u. sagt ihm, dass man in seinem Alter eben nur schwer noch Prüfungen machen kann. Er soll das Möglichste thun, soll sich überwinden, von Sauf- u. Gabelfrühstückgesellschaften fernhalten. Sein Monatsgeld wird ihm weiterhin wie früher ausbezahlt.
Sagt ihm aber auch, dass wir uns alle öffentlich von ihm lossagen werden, falls wir erfahren, dass er nicht mit vollstem Ernste an der Erreichtung seines Zieles arbeitet. Bei einer Prüfung durchfallen, ist zwar ein Zeitverlust, aber kein Unglück. ...; unter allen Umständen aber musz er ernst werden. Nur so werden ihn seine Brüder nicht verlassen, am allerwenigsten ich, der ich auf diesen Menschen Zeit meines Lebens grosze, brüderliche Hoffnungen gesetzt habe, die aufzugeben, mir kau jemals möglich sein wird.
Er soll sich als Bruder seiner Brüder betrachten, denen gegenüber er aufrichtig zu sein hat wie wir alle untereinander.
Ich habe nur noch wenig Geld hier. Falls Ihr die verlangten 2000 Francs noch nicht an die Regie Ottomane des Tabacs nach Constantinopel geschickt habt, so thut diesz unverzüglich bei Eintreffen dieses Briefes. Der Brief musz etwa folgendermaszen lauten! (deutsch o. französisch)
Hochlöbliche General-Direction der Ottomanischen Tabacregie!
Unser Bruder, der Forschungsreisende Eduard Glaser beauftragte uns, ... einen Betrag von 2000 francs mit der Bitte einzusenden, ihm diese Summe, in Goldpiaster umgerechnet, gütigst bei der Sous-Agence in San'â (Jemen) anzuweisen.
...
Dass unser Papa endlich sein Zwiebelgeschäft schlieszt, freut mich ungemein.
...
Grüszt mir Alle auf's Herzlichste, ...
Euer treuer Bruder
Eduard'
Short description:
Eduard Glaser (1855-1908) acknowledges receipt of a letter from his elder brothers Alois (1853-1931) and Karl (1851-1898), delivered to him in Ṣanʿāʾ after his return from Mārib on his third trip to Yemen (October 1887 - September 1888).
He asks them to investigate whether Sigmund (1857-1913), their youngest brother, did not show up for the second viva voce examination or simply failed it, and instructs them what to do in either case: 'Admonish him to be honest and tell him that it is difficult to take exams at his age. He should do what he can, overcome himself and stay away from alcohol and brunch parties...'
In addition, Glaser asks his brothers to arrange for a transfer of 2,000 francs to the Régie Ottomane des Tabacs and drafts a cover letter for this purpose...
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